Bad concrete, good concrete!

Vor nicht mal hundert Jahren war die materielle Gebäudezusammensetzung „klar“: es gab eine „Handvoll“ von Materialien mit sehr wenig Abweichungen und Modifizierungen. Die materielle Zusammensetzung von Gebäuden zu „dokumentieren“ oder „vorherzusagen“ war damit keine besondere Herausforderung.

Das ist heute nicht mehr der Fall. Die Vielfalt an Materialien, die heutzutage in das Bauwerk „einfließen“ ist gewaltig. Die Materialien sind unzählig, die einzelnen Materialtypen in jeder Kategorie ändern sich dauernd und können sich drastisch in ihrer Zusammensetzung, Eigenschaften und Nutzung voneinander unterscheiden. Die Statistik über neue Materialpatente und wissenschaftliche Publikationen über innovative Materialien zeigt, dass die Anzahl von neuen Materialien, die auf dem Markt vorgestellt werden, jede 3-5 Jahre um 150% wächst.

Das lässt sich am Beispiel Beton hervorragend demonstrieren:

Der „fließende Stein“ wird seit Jahrhunderten eingebaut, war einer der beliebtesten Baumaterialien des 20. Jahrhunderts, prägt Bauwerke und Städte weiterhin maßgeblich und gilt immer noch als das am meisten verwendete Material in der Bauindustrie. Gebäude und Gebäudeanforderungen werden allerdings auch immer komplexer und damit ist der Beton „von heute“ nicht deckungsgleich mit dem Beton „von gestern“. Die Komplexität der Baumaterialien steigt, um die immer zunehmende Anfrage und die sich ständig ändernden Erwartungen der Industrie zu treffen. Aus diesem Grund ist der Begriff „Beton“ alleine für sich nicht mehr ausreichend.

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Es ist deswegen wichtig, sich über diese Vielfalt bewusst zu sein, da „Beton“ das am meisten verwendete Material in der Bauindustrie ist und das meist bereits verbaute Material. Daher hat er auch seinen enormen Einfluss auf die Umwelt – die gebaute und die natürliche. Die Unentbehrlichkeit der Auseinandersetzung mit dem Wissen hinter dem Wort lässt sich auch mit der Dringlichkeit der Ressourcenschonung und Nachhaltigkeitsqualität bei der Produktion von Bauteilen begründen. Der CO2-Abdruck von Beton ist weit bekannt. Für die Herstellung von einer Tonne Zement werden ca. 700 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt. Infolgedessen ist die Zement-, und daraus auch die Betonproduktion, für ca. 8% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich. Dazu kommen die Umwelteinwirkungen, die bei der Gewinnung der Rohstoffe für die Betonproduktion verursacht werden, sowie der enorme Ressourcenverbraucht an sich. Die aktuell mangelhafte Kreislauffähigkeit von Beton leistet dazu einen signifikanten Beitrag zu der Erschöpfung der verfügbaren Deponievolumina, mit den mineralischen Baurestmassen an der Spitze der Abfallmengen aus der Bauindustrie, die 65% den gesamt anfallenden Abfällen weltweit ausmachen.

Die Schließung der Kreisläufe in der Betonnutzung ist somit kritisch für die Lösungen einer langen Reihe von Klima-, Umwelt- und ressourcenrelevanten Problemen. Es ist wichtig zu unterstreichen, dass die schlechte Kreislauffähigkeit von Beton nicht durch seinen Materialeigenschaften bedingt ist, ganz im Gegenteil: Beton ist eins der wenigen Materialien mit einem sehr hohen technisch möglichen Recyclingpotenzial. Die Herstellung von Recyclingbeton ist dazu strenger geregelt und genormt als die von Frischbeton, es gibt keinen Einsatzbereich, in dem Recyclingbeton „normalen“ Frischbeton nicht ersetzten kann.

Die Kreislauffähigkeit von Beton wird in der Tat durch zwei Hauptfaktoren bedingt:

  • Das mangelhafte Wissen und schlechte Dokumentierung der unterschiedlichen, spezifischen eingebauten Betonarten
  • Die Art und Weise wie Beton im Bauwerk verbaut wird und weiterhin genutzt wird, die die Hauptquelle für unzulässige Kontaminierungen im Betonabbruch sind und die Kreislauffähigkeit von Beton komplett eliminieren können. Diese werden allerdings in der Design- und Errichtungsphasen, sowie später in der Betriebsphase bestimmt und können die Recyclingeffizienz von dem Material, durch seine Eigenschaften ermöglicht, komplett überschreiben.
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Deswegen reicht es nämlich nicht mehr einfach von Beton zu sprechen, da uns das reine Wort nicht weiterbringt. Der Schlüssel steckt in der Diversität und das Verständnis dafür, sowie in der Wandlung der Qualität und der Eigenschaften des Materials infolge seiner Verwendung. Insbesondere für die Ermöglichung der effektiven Kreislauffähigkeit ist es daher ausschlaggebend, alle Facetten des Baumaterials in Betracht zu ziehen, und zwar nicht nur diese, die durch die Herstellung bedingt sind, sondern auch diese, die durch das Verbauen und die Nutzung des Materials über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerkes entstehen.

Nicht nur die Materialeigenschaften, aber vor allem die Entscheidungen über die Materialkombinationen und über die Materialnutzung, die während der Designphase getroffen werden, bestimmen maßgeblich die Kreislauffähigkeit von Materialien, sowie die Tatsache, dass die Designkonzepte währen der Designphase nicht dahingehend bewertet und optimiert werden.